2021-09-18 | Die Presse "COMEBACK"Die Presse "COMEBACK" Teil 5 - Bauboom und Mieterfokus
Wien wächst und der zunehmende Wohnraumbedarf muss abgedeckt werden. Die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen ist in der Bundeshauptstadt in den letzten Jahren dementsprechend gestiegen. Waren es 2020 noch 16.700, so werden für heuer 17.600 erwartet. Die Bautätigkeit ist rege. Auch die Bemühungen der Bundes- und Stadtregierung dürften greifen. Alleine im geförderten Wohnbau steht heuer in Wien die Errichtung von rund 5.500 Wohnungen auf dem Programm.
Direktverkauf an Investoren
„Nachdem lange Zeit eher Gewerbeobjekte auf der Einkaufsliste der Investoren gestanden sind, verzeichnen wir seit einigen Jahren eine deutliche Verlagerung des Interesses in Richtung Wohnen“, spricht ÖRAG Vorstand Stefan Brezovich einen wesentlichen Trend an. Große österreichische, aber auch internationale, insbesondere deutsche Investoren haben Wien im Bereich Wohninvestment ganz nach oben in ihrer Prioritätenliste geschoben – und kaufen dabei zunehmend ganze Projekt direkt vom Bauträger. Das geschäftliche Schema ist immer ähnlich: Ein Bauträger erwirbt eine Liegenschaft, erwirkt eine Baugenehmigung und veräußert mittels Forward Deals das Projekt frühzeitig an einen institutionellen Investor. Dieser vermietet die Wohnungen in der Folge an Wohnungssuchende.
Preisanstieg beim Eigentum
Die nicht unproblematische Konsequenz dieser Vorgehensweise ist, dass mittlerweile deutlich
mehr Mietwohnungen als Eigentumswohnungen auf den Markt kommen. Dies belegt etwa eine
Analyse der Immobilienplattform ImmoScout24. Demnach standen Anfang 2020 noch rund 12.700 Eigentumsobjekte und 9200 Mietobjekte zur Verfügung. Mitte des Jahres 2021 kippte die Situation. Seitdem werden um 30 Prozent mehr Mietwohnungen als Eigentumswohnungen angeboten. Die sich dadurch erhöhende Nachfrage nach Eigentumsobjekten wirkt sich spürbar auf die Preise aus. Eine Änderung dieses Trends ist laut ÖRAG Experten noch nicht abzusehen. Das niedrige Zinsniveau und der hohe Veranlagungsdruck treiben institutionelle Investoren weiter in den (Wohn-)Immobilienmarkt. Erst ein Zinsanstieg aufgrund einer nachhaltig höheren Inflation würde eine Veränderung dieser Situation einleiten.