Angespannter Mietenmarkt in Wien, freie Wohnungen finden binnen zwei Tagen neue Mieter. Mehr Angebot gibt es am Kaufmarkt, Käufer lassen sich viel Zeit.
Die Immobilienexperten rechnen mit einer schwachen Erholung der Immobilienmärkte. Noch sei kein Ende der angespannten Lage in Sicht. „Wir spüren den rauen Wind in der Wirtschaft und auch in der Immobilienwirtschaft“, betont ÖRAG-Vorstand Stefan Brezovich. Für ihn gelte daher nicht das Motto „survive ’til 25“, sondern vielmehr „safe haven in 27“ – erst Ende 2026 wird sich der Immobilienmarkt nachhaltig stabilisiert haben. Die Zahlen zeigen es deutlich: Das Transaktionsvolumen am österreichischen Immobilienmarkt ist auf ein Drittel heruntergefahren, beziffert Michael Buchmeier. Die neuen Kunden seien Masseverwalter – statt wie bisher Bauträger.
Gut läuft es bei der Vermietung von Wohnungen, vorallem in Wien. „Jede Wohnung ist in ein bis zwei Tagen vermietet“, weiß Aleksandra Mitrovic, Bereichsleiterin Wohnen Miete und Prokuristin der Immobilienvermittlung bei der ÖRAG. Der Markt sei sehr angespannt, da nur wenige neue Mietwohnungen errichtet werden. Die Einschätzung der Expertin: im nächsten Jahr könnte die Situation sich weiter zuspitzen. „Man muss als Mieter sehr schnell sein, um eine Wohnung zu bekommen“, rät Aleksandra Mitrovic. Anders sieht es etwa in Graz aus, wo in den vergangenen Jahren sehr viele neue Mietwohnungen errichtet wurden. Auf das teils zu große Angebot reagieren Vermieter mit Incentives, sie gewähren Mietern für einen Wohnungsmietabschluss etwa zu Beginn eine kurze mietfreie Zeit.
Zurückhaltung beim Wohnungskauf
Auch im Wohnungskaufsegment hat sich die Lage leicht verbessert, die Nachfrage nach Eigentumswohnungen ist wieder da – vor allem im Bereich der Bestandswohnungen. Auch die Banken vermelden eine Zunahme privater Wohnkredite. Doch Kaufinteressenten lassen sich viel Zeit, den Markt vor einem Erwerb zu sondieren. „Schnelle Abschlüsse sind eine Rarität“, sagt Jelena Pirker, Bereichsleiterin Wohnen Eigentum Bauträger bei der ÖRAG. Kaufwillig seien laut Pirker die „Best Agers“, die für ihre Kinder Wohnungen erwerben. Gefragt seien vor allem rund 70 Quadratmeter große Wohnungen mit drei Zimmern.
Zwar sind die Lockerungen der Kreditvergabe spürbar, weil die KIM-Verordnung im Sommer ausgelaufen ist. Dennoch würden drei von fünf Banken aus lauter Sorge vor strengen Prüfungen durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) weiterhin die Kriterien der KIM-Verordnung in der Praxis anwenden, sagt der Obmann der Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich, Hannes Dolzer.
Allerdings können sich nun wieder mehr Menschen den Eigentumserwerb leisten, da die Gehälter spürbar gestiegen sind. Daher kommt zunehmend Schwung in den Kaufmarkt im Wohnbereich. Die ÖRAG-Experten erwarten, dass vor dem nächsten Bilanzstichtag im Herbst viele Wohnimmobilien auf den Markt kommen, auch weil die Banken die Kredite nicht auf Dauer stunden können. Das würde den Markt zusätzlich unter Druck setzen.
Neubau stockt
Der Neubau von Wohnraum ist deutlich rückläufig, da hat mit den nach wie vor hohen Baukosten zu tun. Neubau-Projekte werden erst bei rund 40 Prozent Vorverwertungsquote errichtet. Kaufinteressenten müssten verbindlich unterschreiben, dass sie kaufen, ohne zu wissen, ob die Immobilie letztendlich errichtet wird, geben die Experten zu bedenken.
Ulla Grünbacher