Keine Entspannung am Mietmarkt

Keine Entspannung am Mietmarkt

Freiwerdende Wohnungen werden in Wien derzeit oft binnen zwei Tagen wieder vermietet. Im Unterschied zu Graz, wo es ausreichend Angebot gibt. Käufer hingegen haben mehr Zeit denn je.

Es wird zunehmend ungemütlich für Menschen, die eine Mietwohnung suchen. Nicht überall, aber etwa in Wien. „Hohe Nachfrage, wenig Angebot“ gebe es derzeit, sagte Alexandra Mitrovic, Wohnimmobilienexpertin beim Wiener Maklerhaus ÖRAG, dieser Tage auf einer Pressekonferenz. Manche freigewordenen Wohnungen seien innerhalb von ein bis zwei Tagen wieder vermietet. Es gebe wenig Neubau, der Markt sei sehr angespannt, und das werde wohl im kommenden Jahr noch schlimmer werden. „Es gibt wenig Fluktuation.“

Druck bleibt hoch

„Das knappe Angebot trifft auf unverändert starke Nachfrage, vor allem im Neubausegment mit hoher Ausstattungsqualität. Eine Entspannung ist hier vorerst nicht in Sicht“, heißt es auch im jüngsten Wohnungsmarktbericht von Otto Immobilien. Der Druck bleibe hoch. Auch deshalb, weil die Fertigstellungen auf niedrigem Niveau verharren: Heuer dürften laut Prognose von Exploreal in Wien nur rund 9400 Wohneinheiten übergeben werden, der niedrigste Stand der vergangenen zehn Jahre. Steigende Baukosten, Materialengpässe

und verschärfte Finanzierungsbedingungen hätten viele Projekte verzögert oder gestoppt. Erst 2026 wird mit einer leichten Erholung auf rund 10.700 Wohneinheiten gerechnet. Vom

Schnitt der Jahre 2022 bis 2024 mit rund 16.000 Einheiten ist das aber weit entfernt.

ÖRAG-Expertin Mitrovic sagte, dass insbesondere größere Mietwohnungen sehr gefragt

seien, „davon gibt es aber sehr wenige“. Denn auch in größeren Neubauprojekten seien meist nur wenige Vier-Zimmer-Wohnungen enthalten. Teilweise müsse man schon am Telefon zusagen, ohne die Wohnung also gesehen zu haben, um eine Chance zu haben.

Graz ist anders

Ganz anders sei es übrigens in Graz: Aufgrund des Baubooms in mehreren größeren

Stadterweiterungsgebieten – darunter die Reininghausgründe und die Smart City – gebe

es in der steirischen Landeshauptstadt „viel Angebot bei wenig Nachfrage“, die Nettomieten würden mittlerweile im einstelligen Bereich zu liegen kommen. Zurück nach Wien. Dort hat der Markt für Eigentumswohnungen im ersten Halbjahr 2025 spürbar an Dynamik gewonnen. Mit 3645 Transaktionen wurden um 39 Prozent mehr Wohnungen verkauft als im ersten Halbjahr 2024. „Diese aktuellen Werte liegen, nach drei starken und den vergangenen beiden sehr schwachen Jahren, im Durchschnitt der letzten fünf Jahre“, heißt es bei Otto. Auf gleichem Niveau wie im Vorjahr lagen Neubauwohnungen direkt vom Bauträger – auf diese entfielen 34 Prozent des Transaktionsvolumens und 25 Prozent der Transaktionen, insgesamt 898.

Wohnungskäufer haben viel Zeit

Im Segment der Bauträgerwohnungen habe das Auslaufen der KIM-Verordnung, also

der strengen Kreditvergaberichtlinien, per Ende Juni 2025 die Anfragen erhöht, bekräftigte auch Jelena Pirker, Bereichsleiterin bei der ÖRAG. Allerdings: Der Markt ist wieder ein

absoluter Käufermarkt geworden. „Es gibt keine schnellen Abschlüsse mehr, die Interessenten schauen sich alles genau an“, berichtete Pirker. Vor allem Erstkäufer, die eine Finanzierung benötigen, würden deutlich länger nach der passenden Immobilie suchen. Anlegerinnen seien am Markt durchaus wieder unterwegs, die größte Käufergruppe

seien aber die Selbstnutzer, sage Pirker. Hier nannte sie vor allem „Best Ager“ ab 50 als eine derzeit sehr wichtige Käufergruppe, öfter zu tun hatte sie in letzter Zeit aber auch mit Großeltern, die ihren Enkeln eine Wohnung kaufen möchten. „Da finden Beratungstermine

schon einmal auch mit sechs oder acht Personen statt.“ Ein Trend sei auch, dass statt einer großen lieber zwei kleinere, nebeneinander liegende Wohnungen gekauft werden. Bei einem Projekt in der Aichholzgasse im zwölften Bezirk seien etwa einige benachbarte Einheiten bewusst für das Zusammenlegen geplant worden. „Sie verfügen über jeweils eigene Küchen, Bad- und WC-Anschlüsse, man kann sie aber, wenn die Lebenssituation es erfordert, auch als große Wohnung mit nur einer

Küche nutzen.“

Wenig Neubau

Warum wird immer noch so wenig gebaut? Hier nannte ÖRAG-Vorstandschef Stefan Brezovich die von den Banken derzeit geforderten hohen Vorverwertungsquoten. „Bauträger brauchen für bis zu 40 Prozent der Wohneinheiten verbindliche Kaufanbote, um eine Finanzierung zu bekommen.“ Deshalb seien derzeit eigenkapitalstarke Bauträger klar im Vorteil, assistierte Co-Vorstand Johannes Endl. Und ein Faktor sei natürlich auch, dass es seit der Zinswende zahlreiche Insolvenzen unter Bauträgern und Entwicklern gab und

diese Entwicklung laut Brezovich wohl „noch nicht zu einem Ende gekommen“ ist. „Survive ’til 25“, frei übersetzt also „Sich bis 2025 irgendwie durchwursteln“, dieses einst in der Branche kursierende Motto sei längst überholt. Seit einiger Zeit schon werde deshalb der Slogan „Safe haven in 27“ verwendet. Ersteres habe sich als nicht realistisch erwiesen, sagte Brezovich, Letzteres aber, der „Sichere Hafen“ im Jahr 2027, werde angepeilt und hoffentlich auch halten. Die Banken hätten nach Zinswende und KIM-Verordnung lange Zeit „versucht, die Krise durchzutauchen“, sagte Michael Buchmeier, Leiter der Immobilienbewertung der ÖRAG. Auch jetzt seien sie „noch nicht bereit, alles rauszuputzen, was da ist“. Doch die Karten würden gerade neu gemischt werden.

Martin Putschögl

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Anna Schaier, BA